AUGUSTA TREVERORUM, Trier (Gallia Belgica)

Salvian, de gubernatione dei VI 15 (Öffnet externen Link in neuem FensterBKV):

Nachdem Kaiser Öffnet externen Link in neuem FensterKonstantius III. im Jahre 419 einen Vertrag mit dem westgotischen König Öffnet externen Link in neuem FensterWallia geschlossen hatte, kam er eigens nach Trier, wo ihn die Bevölkerung um die Abhaltung von Spielen bat.

„ ... Wenige Adelige, die das Verderben überlebt hatten, forderten von den Kaisern Zirkusspiele, sozusagen als höchstes Trostmittel für die zerstörte Stadt. O hätte ich für diesen Gegenstand entsprechende Beredsamkeit, um dem Unwillen über diese Vorgänge gebührenden Ausdruck zu verleihen, auf dass die Klage so mächtig werde, wie der Schmerz über das Geschehene groß ist! Wer kann nämlich ermessen, welcher der genannten Punkte zuerst zum Gegenstand einer Anklage gemacht werden soll, die Gottlosigkeit oder die Torheit, die Ausschweifung oder der Wahnsinn? ....  Zirkusspiele also, ihr Trierer, wünscht ihr, und zwar trotz der Verwüstung, trotz der Einnahme, nach der Niederlage, nach dem Blutvergießen, nach Qualen, nach Gefangenschaft, nach all den Katastrophen eurer zerstörten Stadt? Was ist beweinenswerter als diese Torheit, was beklagenswerter als dieser Wahnsinn? Ich gestehe, ich hielt euch für sehr unglücklich, als ihr die Zerstörung erlitten hattet; aber ich sehe euch noch unglücklicher, da ihr Schauspiele verlangt. Ich glaubte nämlich, dass ihr bei euren Niederlagen Vermögen und Besitz verloren hättet; ich wußte aber nicht, dass ihr Verstand und Einsicht eingebüßt habt. Theater verlangt ihr also, einen Zirkus fordert ihr von den Häuptern? Für welchen Stand, frage ich, für welches Volk, für welche Stadt? Für eine verbrannte und zerstörte Stadt, für ein gefangenes und hingemordetes Volk, welches entweder zugrunde gegangen ist oder in Trauer lebt: wenn noch etwas davon übrig ist, so ist es ganz im Unglück versunken; alle sind entweder in Trauer und Angst oder von Tränen erschöpft oder niedergeschlagen in ihrer Verlassenheit. Kaum weiß man, wessen Schicksal schlimmer und härter ist, das der Getöteten oder das der Lebendigen. Denn so groß ist das Unglück der Überlebenden, dass es das Leid der Toten noch übersteigt. Du verlangst also öffentliche Spiele, Trierer? Wo, ich frage dich, sollen sie abgehalten werden? Etwa über dem Grab und der Asche? Etwa über den Gebeinen und dem Blut der Erschlagenen? Welcher Teil der Stadt ist frei von all diesen Schrecken? Wo wurde kein Blut vergossen? Wo sind keine Leichen hingestreckt? Wo findet man keine zerhauenen Glieder von Gemordeten? Überall herrscht der Anblick einer eingenommenen Stadt, überall der Schrecken der Gefangenschaft, überall ein Bild des Todes. Die Überlebenden aus dem unglücklichsten Volk liegen auf den Grabhügeln ihrer Toten, und du verlangst Zirkusspiele? Von Brand geschwärzt ist noch die Stadt, und du willst eine festliche Miene aufsetzen? Alles ist in Trauer, du bist lustig. Und darüber hinaus forderst du durch deine schändlichen Gelüste Gott heraus und reizest den Zorn der Gottheit durch schlimmsten Aberglauben. ... "

Lit.: